Wilhelm Kuhnert wurde 1865 in Oppeln (Schlesien) geboren und starb 1926 in Flims (Schweiz). Er studierte an der Königlich Akademischen Hochschule für bildene Künste, wandte sich dann jedoch dem Studium der Natur im Freien zu. Wilhelm Kuhnert, der führende klassische Maler der tropischen Tierwelt, ist allgemein auch als „Löwen-Kuhnert" bekannt. Sein Lieblingsmotiv war und blieb der Löwe, der König der Tiere. Seine Werke beschränkten sich aber keinesfalls auf dieses Motiv. Mit seiner unnachahmlichen Kunst der Darstellung hielt er Tier und Mensch so fest, wie er sie auf seinen vielen Reisen sah und erlebte.

Die intime Kenntnis der Tierwelt und Landschaft erwarb er sich auf vielen Studienreisen in Europa, Afrika und Asien. Sie spielten für die freie Entfaltung seiner realistischen Malerei eine dominierende Rolle. Unzählige Skizzen und Zeichnungen waren die künstlerische Ausbeute. Hieraus schuf er, unterstützt durch sein visionelles Gedächnis seine großen Werke. Alle von erhabener Schönheit und einmaliger Ausdruckskraft

Nur vereinzelte Werke sind in Museen in Fort Worth (USA), Enschede und Leiden (Niederlande) der Öffentlichkeit zugänglich. Die meisten Stücke befinden sich in Privathand.

Ich sehe es daher als meine Aufgabe an, Reproduktionen auserwählter Werke und die noch greifbaren Original-Radierungen meines Großvaters, einem interessierten Kreis zugänglich zu machen.

Ein bekannter Kenner schreibt:

Es ist mir nicht gegeben, ein Urteil über Wilhelm Kuhnert als Künstler abzugeben. Aber ich kann den Eindruck schildern, den seine Werke auf mich gemacht haben.

Ich hatte Ostafrika in monatelangern Reisen durchzogen, hatte am Kilimandscharo den Urwaldgürtel durchklettert und hatte weiter aufwärts im Schnee die Fährten des Löwen und der Elenantilope gesehen. In den Papyrussümpfen am Fuß des Berges hatte ich Marabus und Kronenkraniche beobachtet, in der Steppe allerlei Antilopen- und Gazellenarten und hatte in der weiten Ebene des Nachts oft den Jagdruf des Löwen gehört. Auch auf den wehrhaften Büffel hatte ich gepirscht und einen kapitalen Bullen bis auf 34 Schritte angekrochen und gestreckt, am Rukwa-See die Eingeborenen von einer Anzahl der gefährlichen Krokodile befreit. Die gewaltige Natur Afrikas und seine Tierwelt beeindruckten mich tief, und kaum konnte ich alles innerlich verarbeiten.

Da kam ich nach Iringa und sah auf den Wänden der alten Feste das, was mir begegnet war. Aber es war schöner, edler und zugleich echter, als es sich mir dargestellt hatte. Es war geschaut mit den Augen eines ganz großen Künstlers, erfaßt mit tiefster Seele und dargestellt mit unglaublichem Können.

Der Künstler, der hier am Werke gewesen war, war Wilhelm Kuhnert. Man muß seine Werke sehen, erschöpfend beschreiben lassen sie sich nicht.

Paul v. Lettow-Vorbeck